Elisabeth Plattner, geb. Hafner (31.12.1939)

Jg. 1925, Optantin, nicht ausgewandert

Am Silvestertag ist der letzte Wahltag gewesen. Da kommt dann einer bei der Tür herein, sie hat Nachtmahl gerichtet gehabt, die Mutter. Da sagt sie: ‚Endlich, jetzt ist der Tag auch vorbei, jetzt wird man doch bald die selige Ruh haben!‘, hat sie gesagt. Jetzt kommt der herein mit einem Brief, den ihr ihr Bruder geschrieben hat. Er ist eben in Meran mit der Haflingerbahn hinaufgefahren und ist zu einem Neffen hin und hat gesagt, er soll mit dem Brief zur Mutter hinausgehen, zu seiner Schwester. Da hat es halt geheißen, sie soll halt doch wählen, es wird dann einfach nichts helfen, wenn ihr auf die Leute angewiesen seids mit der Arbeit und so oder anders. Sie hat sonst nie etwas gesagt, aber dann hat sie direkt einen Zorn gekriegt und gesagt, ‚Nein, hör mir auf!‘, hat sie gesagt, ‚Meinst, ich geh heute noch wählen und ich wähl überhaupt nicht!‘, und hin und her. Die Schwester ist halt doch um zwei Jahre älter gewesen, und die sagt zu der Mutter: ‚Nein, was tun wir denn jetzt?‘ Und das war wirklich so: Die Leute haben alle gesagt, jetzt gehen wir dann von da. Es ist noch eine Dirn dagewesen, sonst haben wir schon die Arbeit alleine getan, aber eine ist noch gewesen und zwei Knechte sind gewesen, drei, und die haben jetzt gesagt: Sie gehen jetzt von da und bei ‚Walschen‘ können sie nicht mehr arbeiten. Da ist eine Propaganda gewesen, sondergleichen! Ich sag oft zu den Kindern, das würde ich euch nicht wünschen! Und wenn es heute wäre, würden sie, meine ich, gleich wieder hin und her streiten. […]

‚Gehen wir doch wählen, gehen wir doch noch hinein wählen!‘ Und: ‚Was sollen wir tun?‘ Lang hin und her. Und da haben sie halt die Mutter überredet, dass sie sich etwas anderes angezogen hat und das Ross gerichtet hat und halt auf dem Ross auf Mölten hineingefahren ist, wählen. Mit harter … mit Schmerzen im Herzen. Nein, den Tag werde ich nie mehr vergessen. Ich bin daheim geblieben, ich bin halt auch grad aus der Schule draußen gewesen, 14 Jahre. Da ist die Mutter auf das Ross aufgestiegen und die Schwester und einer von den Männern, die sind halt mit ihr hinein mitgefahren. Dann hat sie halt den Zettel um Mitternacht unterschrieben. Nein, das ist eine Sauarbeit gewesen! Das können Sie sich nicht vorstellen. Und ich bin in den Stall hinübergegangen und bin dort gesessen, bis ich gehört hab, dass die Mutter kommt. So hat es mich ergriffen, ich habe nicht mehr können im Haus drüben sein. Die anderen haben gesungen und gejubelt und weil sie jetzt halt endlich als Auswanderer gewählt haben – die Arbeiter, weil wenn sie 18 gewesen sind, da haben sie wählen können. Da bin ich eben gesessen und hab gehört, dass das Ross kommt, da bin ich hinaus und bin halt mit der Mutter ins Zimmer hineingegangen und da hat sie gesagt: ‚Morgen ist Neujahrstag.‘ Das ist ja immer eher ein Festtag gewesen, und es ist etwas Besseres gekocht worden. Da hat sie gesagt: ‚Morgen kann ich nicht mehr aufstehen.‘ Jaja, so ist das gewesen, sie ist dann auch den ganzen Tag im Bett gewesen und ist wirklich total fertig gewesen.